Der zweite Teil meines Weges zur deutsch-dänischen Grenze bei Wassersleben führt unmittelbar an der Flensburger Förde entlang. Und so ist mein Blick gerichtet auf die Ostsee zu meiner Rechten. Dabei erkenne ich auf der Höhe des Flensburger Ruderclubs einen Ort aus "Tod von Freunden" wieder. Ausgestrahlt im Februar 2021 zu Hochzeiten des Lockdowns, hatte diese Fernsehserie mich unheimlich gefesselt.
Die ZDF-Produktion handelt von einer dänischen und deutschen Familie, die in der Flensburger Förde auf einer der beiden Ochseninseln leben und thematisiert damit
die deutsch-dänischen Beziehungen in der Grenzregion. Als ein Sohn der deutschen Familie bei einem Segelturn über Bord geht und nicht mehr aufgefunden wird, erzählt jeder der
Protagonisten in einer Folge die Geschehnisse aus seiner Perspektive, wobei sich die Vorkommnisse sowie die Schuldfrage wie ein Kaleidoskop zusammensetzen.
Die Boote, mit denen die Familienmitglieder von ihrer Insel zum Flensburger Festland schippern, legen an dem Steg an, der auf dem Foto oben zu sehen ist. Die Wiese davor ist der Ort wilder Sommerparties. In der Realität sieht es dann etwas getrübter aus als im Film - egal, die Serie kann ich nur empfehlen. Ich bin froh, dass ich sie gesehen habe. Denn sie hat mich sicherlich zu meiner Reise in den hohen Norden Deutschlands bewegt und mich für das Thema "Dänemark in Deutschland" sensibilisiert.
Und dann nach gut 20 Minuten weiterem Fußmarsch entlang der Förde ist er erreicht: Der Grenzübergang "Schusterkate", einer der kleinsten Grenzpassagen Europas und benannt nach dem gleichnamigen, nächst gelegenen Haus auf dänischer Seite. Eine Holzbrücke, die über den kleinen Fluss Krusau führt, verbindet Wassersleben in Deutschland mit Dänemark. Genau in der Mitte verläuft seit der Volksabstimmung von 1920 die nationale Trennline.
Die Grenze macht einen offenen Eindruck, doch als ich an der Brücke ankomme, sehe ich, wie auf der dänischen Seite ein Auto mit dem Schriftzug "Politi" den Schotterweg zur Brücke entlang fährt und wieder wendet. So wird mir klar: Die dänische Polizei überwacht auch diesen Grenzübergang. Ich gehe über die Brücke und setze damit meine Füße auf dänisches Staatsterritorium. Das Ziel meines Spaziergangs ist erreicht.
Obwohl Dänemark ein Mitglied im Schengen-Raum ist, kontrolliert das Land seit Januar 2016 als Folge der vielen Menschen auf der Flucht wieder seine Grenzen. (Dies erfahre ich auch, als ich einen Tag später nach Aarhus reise und im Zug scharf kontrolliert werde.)
Als ich nach einer zehnminütigen Pause auf der dänischen Seite wieder deutsches Bundesgebiet betrete, fordert mich eine SMS der Bundesregierung dazu auf, die deutschen Corona-Einreiseregeln zu befolgen. Dies ist eine Kontrolle der anderen Art und zeigt mir den Verlust einer unbeschwerten Reisefreiheit, die mit Dänemarks Grenzkontrollen und den Corona-Schutzmaßnahmen einhergehen. Die Idylle und landschaftliche Schönheit rund um den deutsch-dänischen Grenzübergang bei Wassersleben sind leider vor der Realität nicht gefeit.
Bei Fragen oder Kommentaren könnt Ihr mir selbstverständlich gerne über das Kontaktformular schreiben (geht direkt an mich per Email).
Nachtrag: Stefan Seidler wurde am 26. September 2021 mit 55.000 Stimmen in den Deutschen Bundestag gewählt. Nun vertritt er also die Interessen der dänischen Deutschen in Berlin.
Köln, den 6. August 2021